Konflikte am Arbeitsplatz sind unvermeidlich. Unterschiedliche Meinungen, Kommunikationslücken oder Missverständnisse können zu Spannungen führen. Wie diese Konflikte gelöst werden, beeinflusst nicht nur das Arbeitsklima, sondern auch die Produktivität und Mitarbeiterzufriedenheit. Besonders wichtig ist dabei eine neutrale Vermittlung – sei es durch eine Führungskraft oder eine unbeteiligte Kolleg*in. Die Fähigkeit, fair und unvoreingenommen zu moderieren, ist essenziell für eine nachhaltige Konfliktlösung.

Studien, darunter die Untersuchungen von François Cooren et al. (2022)¹, zeigen, dass aktives Zuhören, offene Kommunikation und ein interessenbasierter Ansatz maßgeblich zur Deeskalation beitragen können. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Methoden sich bewährt haben und wie Sie Konflikte professionell begleiten können.

Die Kernkompetenzen einer neutralen Vermittlung

1. Aktives Zuhören als Schlüssel zur Verständigung

Die Basis jeder erfolgreichen Vermittlung ist aktives Zuhören. Dabei geht es nicht nur darum, was gesagt wird, sondern auch darum, die Emotionen und Bedürfnisse hinter den Aussagen zu erkennen. Wiederholungen, Rückfragen und das Spiegeln von Emotionen helfen dabei, das Vertrauen der Konfliktparteien zu gewinnen. Aktives Zuhören bedeutet, den Gesprächspartner durch Rückfragen und Wiederholungen der Kernaussagen zu bestätigen und somit ein tiefes Verständnis zu schaffen. François Cooren und Kollegen¹ betonen in ihrer Studie, dass die Fähigkeit, sowohl verbale als auch nonverbale Hinweise wahrzunehmen, entscheidend ist, um Konflikte auf einer tieferen Ebene zu verstehen. Besonders in emotional aufgeladenen Gesprächen hilft aktives Zuhören dabei, Spannungen zu reduzieren und Vertrauen aufzubauen.

2. Offene Kommunikation ermöglichen

Neben dem Zuhören ist die Förderung einer offenen Kommunikation essenziell. Viele Konflikte entstehen, weil wichtige Informationen oder unausgesprochene Gefühle nicht transparent kommuniziert werden. Eine offene und wertschätzende Kommunikation ist daher essenziell. Ein*e Vermittler*in sollte eine Atmosphäre schaffen, in der alle Beteiligten ohne Angst vor Verurteilung oder negativen Konsequenzen ihre Sichtweise darlegen können.

Laut Otto Federico von Feigenblatt² ist eine offene Kommunikation nicht nur der beste Weg zur Deeskalation, sondern auch zur Entwicklung gemeinsamer Lösungen, die für alle Seiten akzeptabel sind. Entscheidend dabei ist, dass der Vermittler neutral bleibt und keine Partei bevorzugt.

3. Interessen statt Positionen in den Fokus rücken

Ein weiterer wichtiger Schritt in der Konfliktvermittlung ist die Fokussierung auf Interessen statt auf Positionen. Konfliktparteien neigen dazu, ihre Positionen zu verteidigen, was oft zu verhärteten Fronten führt. Statt sich auf verhärtete Positionen zu konzentrieren, ist es zielführender, die tatsächlichen Interessen hinter einem Konflikt herauszuarbeiten. Vermittler*innen sollten stattdessen versuchen, die zugrunde liegenden Interessen der Parteien zu identifizieren. Ein Beispiel: Eine Mitarbeiterin beschwert sich über Überstunden, doch in Wirklichkeit geht es ihr um fehlende Wertschätzung.

Gaffney³ betont, dass dieser Ansatz den Weg für kreative, nachhaltige Lösungen ebnet, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht werden.

positionen vs interessen

4. Emotionale Intelligenz als Vermittler entwickeln

Emotionale Intelligenz ist eine weitere Schlüsselkompetenz, die ein Vermittler beherrschen sollte. Konflikte sind häufig emotional aufgeladen. Ein*e Vermittler*in sollte daher in der Lage sein, sowohl die eigenen Emotionen zu regulieren als auch die Gefühle der anderen zu erkennen und in angespannten Situationen die Ruhe zu bewahren. Laut Cooren et al.¹ verbessert eine hohe emotionale Intelligenz die Qualität der Konfliktlösung erheblich.

5. Struktur und klare Regeln für die Vermittlung setzen

Ein strukturierter Prozess gibt Sicherheit. Vor dem Gespräch sollten klare Regeln aufgestellt werden, etwa:

Vertraulichkeit wahren

Jede Partei bekommt gleich viel Redezeit

Keine Unterbrechungen zulassen

Karl W. Kuhn zeigt in seinen Studien, dass solche Regeln nicht nur Orientierung bieten, sondern auch dazu beitragen, Machtungleichgewichte auszugleichen und eine konstruktive Atmosphäre zu schaffen.

Dadurch wird sichergestellt, dass alle Beteiligten sich gleichermaßen gehört fühlen und das Gespräch in geordneten Bahnen verläuft.

Trotz aller Bemühungen ist es jedoch eine Herausforderung, echte Neutralität zu bewahren. Persönliche Vorurteile, organisationaler Druck oder Machtstrukturen können die Wahrnehmung und Entscheidungen eines Vermittlers beeinflussen. Bernadine Van Gramberg und Julian Teicher weisen darauf hin, dass ein Bewusstsein für diese potenziellen Fallstricke und eine regelmäßige Selbstreflexion entscheidend sind, um die Neutralität zu wahren.

Andrea Hartmann Piraudeau
Wenn Vermittler*innen ihre eigenen Grenzen erkennen und bereit sind, externe Unterstützung einzubeziehen, können sie ihre Neutralität und damit die Integrität des gesamten Prozesses sichern.

– Dr. Andrea Hartmann-Piraudeau

Fazit: Konflikte als Chance begreifen

Die Fähigkeit, Konflikte neutral zu moderieren, ist ein wertvolles Instrument für ein gesundes Arbeitsklima. Die hier vorgestellten Methoden – aktives Zuhören, offene Kommunikation, Fokussierung auf Interessen, emotionale Intelligenz und klare Gesprächsstrukturen – helfen dabei, Konflikte nachhaltig zu lösen und das Vertrauen im Team zu stärken.

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Konflikte eskalieren oft nicht wegen Meinungsverschiedenheiten, sondern weil Menschen sich nicht gehört fühlen.
– François Cooren et al., 2022

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Quellen